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Rund 80 Verdingkinder und andere Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen sind am Mittwoch in Schaffhausen zusammengekommen. Mitorganisiert hat den Anlass das Selbsthilfeprojekt Runder Tisch des Kantons Schaffhausen. Dabei bat die anwesende Stadträtin Christine Thommen (SP) die Betroffenen um Entschuldigung für das erlittene Leid gebeten.

Auf dem Gebiet der Stadt Schaffhausen steht seit 2019 ein Kunstwerk der Schaffhauser Künstlerin Jennifer Bennett. Es mahnt an die Tausenden Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen, an ihr Leid und an das Unrecht, das ihnen angetan wurde. Der Kanton Schaffhausen will es aber nicht bei diesem Zeichen der Erinnerung belassen. Er will sich aktiv in die Aufarbeitung einbringen und hierfür eng mit den Überlebenden zusammenarbeiten. Gut 115 Betroffene, viele sind heute in fortgeschrittenem Alter, sind dem Kanton Schaffhausen heute bekannt. Ihnen fühlt er sich verpflichtet. So hat er unter anderem einen Runden Tisch organisiert, bei welchem die ehemaligen Verdingkinder und anderen Betroffenen ihre Forderungen und Wünsche anbringen konnten. Dabei ist auch herausgekommen, dass man sich mehr Austausch untereinander wünscht.

Erzählbistro – ein Begegnungsort von Verdingkindern

Vor diesem Hintergrund hat das Selbsthilfeprojekt des Kantons Schaffhausen, der Runde Tisch, zusammen mit dem führenden Selbsthilfeprojekt des Bundes, dem „Erzählbistro“, am Mittwoch, 22 Mai eine grosse Begegnung organisiert. Aus der ganzen Schweiz sind Verdingkinder und andere Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen angereist, um in Gruppen über ihre Lebenswelten zu reden. Der Austausch unter der Leitung einer Moderatorin gestaltete sich sehr emotional, denn so manche Betroffenen sprechen zum ersten Mal über die Erfahrungen, die sie in ihrer Kindheit gemacht hatten. Hier in diesem geschützten Umfeld spürten sie, dass man sich gegenseitig versteht, weil die individuellen Schicksale oftmals Parallelitäten aufweisen. Die meisten der ehemaligen Verdingkinder haben schwere Misshandlungen und Missbrauch erlebt. Das erlittene Unrecht hat ihr Leben geprägt, bis ins hohe Alter.

Christine Thommen bittet um Entschuldigung

In Wissen um die langwierigen Folgen war es der Sozial- und Sicherheitsreferentin Christine Thommen (SP) ein grosses Bedürfnis, am Anlass teilzunehmen. Es sei ihr oberstes Ziel ist, dass man als Gesellschaft aus dem dunklen Kapitel der der Schweizer Sozialgeschichte lerne, damit sich derartige Grausamkeiten nie mehr wiederholen würden: «Am Anfang davon steht die Einsicht, das Erkennen dieses Unrechts, ein Bekenntnis zum Hinschauen. Ich sehe es. Ich erkenne es. Und ich empfinde es mit Scham und mit Bestürzung. Ich bitte Sie im Namen der Stadt Schaffhausen von ganzem Herzen um Entschuldigung für das, was unsere Vorgänger:innen getan und nicht getan haben.» Die anwesenden Verdingkinder verdankten diese warmherzigen Worte mit einem langandauernden Applaus.

Bootsfahrt zum Rheinfall

Als eigentlicher Höhepunkt des Schaffhauser Erzählbistros begaben sich die Gäste dann zum Rheinfall, dem grössten Wasserfall Europas. Hier stieg die Gruppe in grosse längliche Boote, die sich nach einer gemütlichen Flussfahrt den tosenden Wassermassen näherten, die sich auf eine Breite von 150 Meter die Felsen hinunterstürzten. Die ganze Wucht dieses Schauspiels hat die Freundinnen und Freunde des Erzählbistros begeistert. Es war wiederum ein gelungener Tag.

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